Kein Tag ohne Abenteuer

In den letzten 15 Monaten habe ich offizell die Border Collie Notvermittlung für den Club für Britische Hütehunde gemacht. Solch eine Aufgabe ist ziemlich umfangreich, was zeitliches, finanzielles und persönliches Engegement, und nicht zuletzt ein starkes Nervenkostüm erfordert.

 

Allein ist eine derartige Aufgabe schon gar nicht optimal zu machen, zumal die räumlichen Entfernungen bundesweit zu groß sind. Daher bin ich sehr froh, daß wir mittlerweile ein Netz (noch mit vielen großen Löchern) aufbauen konnten, in dem viele MitstreiterInnen aktiv vor Ort Hilfestellung bei Problemen rund um den Border Collie geben. Sei es in Form von Erziehungstipps, Ausbildungshilfen, Pensionsplätzen (z.B. bei Krankheit), Notpflegestellen und Vermittlungshilfen. 


Allen, die mich so in irgend einer Art und Weise bei meiner Arbeit unterstützt haben, sei hiermit nochmal ganz herzlich gedankt!
Ich hoffe, daß sich noch etliche Bordermenschen finden, die im Hintergrund aktiv sind/werden, um unsere Arbeit effektiver und für meine Nachfolgerin weniger belastend zu gestalten.


In diesen 15 Monaten konnte ich auf meine Arbeit als Hundebereichsleiterin im Tierheim aufbauen, lernte die Rasse Border Collie von ganz anderer Seite kennen und erlebte im Umgang mit ihren Besitzern und Züchtern so manche leider nicht nur positive Überraschung.

 

Wie manche wissen, habe ich die (Not-)Vermittlung zum Jahreswechsel an Natalie Seyffert abgegeben. Ich selbst sehe mich aus familiären Gründen - unser Baby ist Anfang Februar auf die Welt gekommen, wir haben noch 3 Kinder, Landwirtschaft und eigene Hunde - nicht mehr in der Lage, diesem Job allein zeitlich gerecht zu werden.
Aber auch ein nur ehrenamtlicher solcher sollte entweder ganz und richtig oder lieber von jemand anderem gemacht werden.

Die Entwicklung bei den Border Collies, was allein die Anzahl der gezüchteten/gehaltenen Hunde betrifft, ist dahingehend, daß auch in den nächsten Jahren keinesfalls mit einem Rückgang der Zahlen betroffener Hunde, bzw. Besitzern, die Rat suchen, zu rechnen ist. Auch im Club gibt es leider genügend schwarze Schafe, die schnell mal eben einen Haufen Hunde kaufen, um dann Welpen zu produzieren, die sich gut an jedermann verkaufen lassen. Schlecht sozialisierte in Stall, Keller und Garage aufgezogene Welpen ohne genügend Kontakt zu menschlichen Bezugspersonen und Gewöhnung an deren Geräuschkulisse sollten eigentlich der Vergangenheit angehören. Sie sind die Grundlage für spätere Probleme im Zusammenleben und Arbeiten des Mensch- Hund Teams. In letzter Zeit gab es viele Fälle, in denen der Grad der Störung auch bei recht jungen Tieren enorm war.

Ich selbst hatte eine 10 Monate alte schwarz-weiße Borderhündin, deren Züchter (CfBrH) nicht bereit war, das Tier zurückzunehmen, aufgenommen, die hochaggressiv und ohne Bindung an ihre Besitzer war. Sie hatte die Kontrolle über die junge Familie, war Dauerkläffer, blieb nicht allein, war aggressiv gegen alles, was nicht ihrem Willen entsprach, biß nach Händen und Hals, hörte nicht auf ihren Namen, rannte weg, hütete Autos, Mofas und bewegte Objekte jeder Art, verteidigte Spielzeug, Liegeplatz und Futter, versuchte gegenüber allen Dominanz durchzubeißen, ließ sich nicht fangen und festhalten, zerlegte Wohnung, Garten/teich und Einrichtung, tobte im Auto, war eifersüchtig ohne Ende, jagte alles was kleiner war als sie, legte sich auf den Säugling der Familie, die sie dann nicht mehr ans Bettchen ließ und machte ins Haus. Nachts rannte sie permanent die Treppe auf und ab. Unter nicht geringem Risiko und mit viel Arbeit konnte die Hündin erzogen, resozialisiert und inzwischen an geeignete Menschen weitergegeben werden. Vielleicht könnte es den Züchtern, die die Arbeit der Wohnungsaufzucht scheuen, etwas zu denken geben, daß selbst die old english farmers ihre Welpen im Haus sozialisieren!


Ein späterer Erfolg (Hüte- oder Agilitychamp), der mit seinem Mensch exakt zusammenarbeiten soll, diesen lesen können muß, braucht als Basis das Vertrauen und Verständnis für seinen Menschenpartner. Nicht nur das Erbgut, sondern eben auch die Aufzucht und Umwelt (prägung) gehören dazu.
Insgesamt kann ich aus Erfahrung nur jedem raten, auf die Aufzucht seines zukünftigen Familienmitglieds zu achten. Jeder, der eng mit seinem Hund zusammenlebt, sollte auf eine optimale familientaugliche Prägung achten und großen Wert darauf legen.


Eine kleine Auswertung der 115 von mir in der Kartei geführten Tiere läßt tief blicken. Insgesamt waren es 2 Würfe Bordermixe mit insgesamt 11 Tieren, 72 Rüden und 32 Hündinnen. Der älteste Hund war 13 Jahre alt. Es handelte sich bei 36 Tieren um im CfBrH registrierte und gezüchtete Borders.( Nicht alle Hunde waren Notfälle) und 52 Tiere aus Schwarzzuchten mit Ausnahme von 3 Hunden anderer Zuchtgemeinschaften (2 ISDS). Gering war der Anteil Mischlingshunde mit 16 Tieren ( BCxDSH, BCxAltdtSH, BCxBerner/Appenzellersenn, BCx Pyrenäenbergh, BCx Bobtail,...).

Folgend jetzt die häufigsten Abgabegründe/Störungen und eine kleine Statistik:

  • fehlende Sozialisation /draußen aufgezogen- Umweltängste, -phobien, keine/ mangelnde Bindung, unsauber
  • Aggressionen gegen Menschen
  • Zu anspruchsvoll, keine Info zur Rasse vom Züchter
  • Vergessen zu erziehen, Dominanzprobleme (meist Rüden)
  • Nicht ausgelastet, -Fehlverhalten
  • Hütet Kinder, Autos etc.
  • Jagdverhalten, Streunen, weglaufen
  • Aggression gegen Unbekannte/s
  • Aggression gegen andere Hunde, Tiere
  • Verhaltensstörungen, Dauerkläffen, bleibt nicht allein
  • Ungeeignet für reine Familienhundhaltung ohne Aufgabe
  • Unüberlegt angeschafft- Modehundproblematik
  • Zuviel / mangelnder Hütetrieb, kein Interesse an vorgesehener Aufgabe
  • Wesensmängel
  • Aus Mitleid erworben / geschenkt bekommen...
  • Zeitmangel, neues Hobby,...
  • Entspricht nicht den Wünschen ( Erfolge bleiben aus: Sport, Hüten, Show)
  • Gesundheitliche Mängel (HD,...),nicht zuchttauglich, zu alt zum Züchten...
  • Krankheit, Umzug, Scheidung, neuer Job, Tod des Besitzers

Insgesamt erfordert jeder neue Vermittlungsfall der meist durch eine Vielzahl von o. g. Faktoren entsteht aufs neue Wissen, Zeit , Engagement und Hilfe bei der Suche nach geeigneten Menschen.


Als derzeitiger Modehund verlangt der Border von seinen Züchtern in besonderen Maße eine optimale Aufzucht und Prägung und viel Gespür bei der Auswahl geeigneter Menschen, auch wenn das in manchen Fällen bedeutet die Hundekinder etwas länger zu behalten (und zu erziehen!...).


Auch nach der Abgabe stets ein Ansprechpartner zu bleiben und wenn möglich Welpenspielstunden, Erziehungshilfen etc. zu bieten sollte selbstverständlich sein.
Fünf Schafe als Spielzeug für den Hund oder das Pferd des Nachbarn, ein großer Garten oder Agilityambitionen der 4-jährigen Tochter können keine wirklichen Qualifikationen für Welpenkäufer sein.

 

Ob Welpe oder erwachsener Hund, eine verantwortungsvolle Aufzucht/ Erziehung ist das beste Rüstzeug, das wir unseren Tieren mit auf den Weg geben können und lohnt den Aufwand allemal. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, daß mit jedem Hund, der von mir geht, unsere Familie ein bißchen größer geworden ist und durch meine Hunde und ihre neuen Besitzer viele wertvolle Freundschaften und Bekanntschaften geschlossen.


An dieser Stelle viele liebe Grüße und die besten Wünsche an Pat, Sadie, Yerma, Lesko, Prinz, Dinah, Joplin, Shawnee sowie den Welpen unseres langersehnten A-Wurfs Antra, Aflame, Afra, Antek, Ashley, Autumn und ihren neuen Hunde und Meschenrudeln hier und in der Schweiz! Ebenso allen anderen Vermittlungshunden mit Anhang.

 

Ich selbst möchte mich bei allen für das mir entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung auch von Seiten des Präsidiums ganz herzlich bedanken.
Allen Bordermenschen wünsche ich ein für sie und ihre Hunde erfolgreiches Jahr mit vielen schönen Begegnungen und viel Arbeit für ihre Hunde!....

 

Elke Hirsch
Border Collies von der kleinen Arche

Last Minute-Express

 

Ein Tag mit viel Arbeit, ein Tag wie viele andere. Und doch blieb dieser Tag mir ganz besonders im gedächtnis haften:

 

Gerade aus den nach Schaf müffelnden Schlammklamotten gepellt, die Hunde abgeduscht und halbwegs wieder warm, klingelt es an der Tür. Draußen steht ein mir bis dahin unbekannter recht großer Mann.

 

„Is hier Hirsch,- ham se`Bordercollie?“ - mit der Tür ins Haus oder so...

„Ja, wir haben Border Collies“. Soweit so gut. Vor der Tür im Hof steht, bzw. wackelt ein älterer Kleinwagen mit etwas kläffenden, schwarz-weißen darin.

 

„Ich hab`da `ne schöne Hündin, die muß schnell zum Rüden, ich hab gehört, ihr habt doch 2 schöne Rüden - meine ist jetzt nämlich soweit!“  

 

„Aha,  interessant, wie heißt die Hündin denn, wie alt ist sie, ist sie gesund, geröngt, augenuntersucht, wie wird sie gearbeitet,....“

 

„ ja, ja gesund war die immer, se schafft an de`Schäf und was war des? - geröncht und so mit de Augen, des is doch bloß Blödsinn, unnöticher Kram un´ viel zu teuer. Die war immer gesund, aber jetzt brauch´ ich neues Blut, also was is´, ich bin ja weit genug gefahren.“

 

„....“  „wie nicht gekört, ohne Papiere geht nichts, die Papiere machen den Hund auch net besser, nur teurer.“

 

„....“ „ wieso nein? Ich geb ihnen 400“  „NEIN“, „na gut, sagen wir 500, das is´ mehr als ich je gezahlt hab.“

 

„ NEIN“, „ Wie nein? - Ich hab`das Geld da.“ „Nehmen Sie Ihr Geld und ihre Hündin bitte mit, bei mir wird sie nicht gedeckt.“ „.........undankbare Frau, ich weiß ja wirklich nicht, was das jetzt soll - dann fahr ich halt noch zu jemand annerem, der für uns Schäfer und die Rasse was über hat...“   und im Gehen dann die letzte Frage:

„Was würden se denn tun, wenn ich se einfach übern Zaun werf - ruck zuck is se gedeckt un se können nix dagegen tun - ganz umsonst und dann....“

 

Dann hatte ich genug: „ Dann, guter Mann, nehm ich Ihre Hündin und bring sie zum Kastrieren zum Tierarzt, und das wird dann richtig teuer.“ Schweigen, ungläubiges Entsetzen, wenn Blicke töten könnten. Noch zwei, drei unflätige Bemerkungen über Rassehunde im allgemeinen und rassehundezüchtende Frauen im besonderen, dann steigt der Herr zu seiner noch immer kläffenden Hündin in sein Auto. Beinahe hätte er in seinem Ärger noch die Mauer mitgenommen, als er um die Ecke biegt und das Kläffen langsam leiser wird.  .....

 

Realsatire zum Thema: „Ich habe einen Deckrüden“ (oder mehrere)?

Passiert im Winter 2002. Wenn`s nicht so traurig wäre, könnte man herzhaft darüber lachen.

 

Züchten bedeutet Verantwortung, und manchmal erlebt man dabei recht seltsame Dinge!

 

Elke Hirsch